Bessenich
Das Dorf Bessenich liegt der Stadt Zülpich im Norden am nächsten. Es ist ein Mehrwegedorf, das sich am Ostufer des Neffelbachs in hochwasserfreier Lage entwickelt hat. Bereits aus der vorrömischen Hallstattzeit sind Siedlungsspuren belegt.
Der Kern des Dorfes lag wohl an der Einmündung der heutigen Kreuz- in die Dürener Straße. Die Kreuzstraße stellte damals die Verbindung zu den östlich gelegenen Nachbardörfern dar, so wie die heutige Schützenstraße einst diejenige nach Düren darstellte. Die weitere Entwicklung hat heute der Dürener Straße die Funktion der alleinigen Durchfahrtstraße zugewiesen, währen die anderen genannten zu Stichstraßen wurden. Eine grüne Vegetationswand grenzt den Ort gegenüber der südwestlichen Bahntrasse ebenso wie der Umgehungsstraße B 477 ab.
Das Dorf nahm im Mittelalter mehrere große Höfe auf, eine Burg ist dagegen trotz eines belegten, niederen Adelsgeschlechtes in Bessenich nicht überliefert. Ein Vertreter dieser Familie schenkte der Abtei Steinfeld Mitte des 12. Jahrhunderts den Vorgänger des heutigen Mönchhofs. Er wurde wohl bewusst in Einzellage, in Distanz zum nördlichen Ortsrand, gegründet. Jedenfalls stellt er unter den heute noch bestehenden eine der geschichtlich am frühesten belegten Hofanlagen im Zülpicher Land dar. Weil er lange von Laienbrüdern bewirtschaftet worden war, wurde der heutige Name für ihn gebräuchlich.
Der Mönchhof hat die Form einer vierflügeligen Anlage, anfänglich bis auf die Südseite von Wassergräben umgeben. Das Wohnhaus und ein Teil seiner Wirtschaftsgebäude sind Ziegelbauten des 18. und 19. Jahrhunderts. Zu ihm gehört auch eine große, wasserumgebene Garteninsel, ein verwilderter Park. Dieser liegt westlich des Hofes, jenseits der zur B 477 führenden Straße.
Zwischen dem Mönch- und dem Severinshof, dem heutigen Kompshof, entwickelte sich in der Folgezeit das Dorf in seiner heutigen Form. Nahe des Kompshofs entstand in dieser Zeit auch eine Kapelle. An ihre Stelle trat die 1850-52 errichtete, spätere Pfarrkirche St. Christophorus. Dieser Bau erhielt 1930-32 einen neuen Chor. Die moderne Backsteinrotunde war in ihrer Zeit spektakulär. Sie bildete noch bis in die 1950er-Jahre hinein den einzigen Vorreiter einer vom Neuen Bauen geprägten Sakralarchitektur in der Region. Seit 1889 pilgern Gläubige regelmäßig zu einem dortigen, geweihten Gnadenbild der Muttergottes.
Am nahen Neffelbach und seinen Mühlengräben sind mehrere Mühlen überliefert. Aus einer dieser heute untergegangenen Mühlen ging im 19. Jahrhundert die Papier- und Pappenfabrik Sieger hervor, Keimzelle des heutigen, großen Werks. Dagegen existiert das Gebäude der Bessenicher oder Docters-Mühle bis jetzt fort. Sie liegt nahe der Schützenstraße, benannt nach der gegenüber liegenden, großen Schützenhalle. Diese ist Stätte zahlreicher Festveranstaltungen.
Im Süden des Ortes führt am Sportplatz vorbei eine Brücke über die hier vorbeilaufende Eisenbahntrasse der Bördebahn. Diese versorgt die nahegelegene Papierfabrik seit je her mit Braunkohle. Die heimische Kohle löste bereits vor über hundert Jahren Wasserkraft als Energie für die Fabrik ab.
Bürvenich
Bürvenich erstreckt sich als langgezogenes „Straßendorf“ unterhalb von Ausläufern der Kalkeifel im Süden des Stadtgebietes. Die Stephanusstraße, die den Ort von Süden nach Norden hin durchzieht, entspricht wohl der ehemaligen römischen Fernstraße Köln - Reims und verläuft zum Bürvenicher Bach, der erst nach dem 2. Weltkrieg verrohrt wurde. Über fränkische Siedlungsspuren hinaus wird das Dorf erstmals 893 urkundlich erwähnt. Um 1200 erwarben die Grafen von Jülich durch Tausch einen Hof in Bürvenich und gründeten im 13. Jh. ein Zisterzienserinnenkloster, das bis 1808 bestand. Die angrenzende, ehemalige Kloster- und heutige Pfarrkirche St. Stephani Auffindung bildet mit dem ebenfalls erhaltenen Äbtissinnen- und Pfarrhaus noch heute den Mittelpunkt des Dorfes. Über Jahrhunderte hatte zudem die sogenannte Wildenburg, am nordöstlichen Ortsende gelegen, große Bedeutung. Sie war Sitz des Vogtes und damit Hauptstandort eines Gerichtsbezirks, dem noch 10 weitere Ortschaften angehörten. Dazu zählte u.a. bereits das benachbarte Eppenich, das mit Bürvenich schon seit langer Zeit eine Gemeinde bildet. Neben besonders sehenswerten Gebäuden, wie dem Haus Piedmont im Oberdorf oder der ehemaligen Mälzerei in der Ortsmitte, hat Bürvenich eine stattliche Zahl denkmalwerter Hofanlagen, Fachwerk- und Bruchsteinhäuser zu bieten. Selbst die kleinsten Gebäude – wie das ehemalige „Spritzenhaus“ im Mitteldorf – haben noch heute eine Bestimmung. Dieses wurde früher als Schlafstelle für Nichtsesshafte genutzt und erst kürzlich von der Bevölkerung in vielen Arbeitsstunden renoviert. Hier kann man sich seither kostenlos mit Lektüre versorgen. Überhaupt ist der Zusammenhalt der Menschen, der sich auch in einer großen Anzahl von Ortsvereinen ausdrückt, etwas, was Bürvenich und Eppenich ausmacht. Neben der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft mit ihrem über die Ortsgrenzen hinaus bekannten Schützen- und Volksfest sowie dem BKV, der ein reges Karnevalstreiben organisiert, kann man im Tambour-Corps und Musikverein seine musikalische Ader ausleben, oder sich im Sportclub in vielen Sportarten betätigen. Besonders groß geschrieben wird das Miteinander in der HPZ Lebenshilfe auf dem Bürvenicher Berg. Diese 1971 gegründete Einrichtung, bietet ein umfangreiches stationäres und ambulantes Angebot für Menschen mit Behinderung. Ihre Verwaltung befindet sich in der gründerzeitlichen, ehemaligen Fabrikantenvilla der Familie Nagelschmidt. Das umliegende Gelände wird neben mehreren Neu- und Ausbauten durch das ehemalige Kinderheim des Kreises Düren in seinen neo-barocken Bauformen geprägt. Die dazugehörige großzügige Parkanlage, das gleich dahinter, etwas versteckt liegende große Kriegerdenkmal sowie der grandiose „Eifelblick“ vom Waldrand bis weit in die Kölner Bucht, laden zu einem Ausflug ein. Unterhalb der Villa Nagelschmidt befindet sich noch heute ein mehrteiliger Felsenkeller, in dem viele Jahre das Bier gekühlt wurde. Während er im Krieg der Bevölkerung als Schutz diente, wird dort während der Landesgartenschau ein spektakuläres Kunstprojekt zu besichtigen sein, das wiederum von vielen Bürvenichern und Eppenichern mitgestaltet worden ist.
Dürscheven
Die im äußersten Osten des Gesamtstadtgebietes gelegene Siedlung ist ein Mehrwegedorf, das sich östlich der Bleibachniederung erstreckt. Den Ort kennzeichnet eine starke Verwerfung des Bodens. Damit teilt der aus Richtung Elsig hangabwärts gelegene Ort sich in ein Ober- und ein Unterdorf. Entstanden ist er wohl an einer Kreuzung vorzeitlicher Wege, aus denen sich später die heute L 61 aus Richtung Enzen und die Heerstraße, die heutige B 56, entwickelten. Letztere wurde schließlich zur dominierenden Durchfahrtstraße, welche die benachbarten Städte miteinander verbindet.
Als Keimzelle der spätestens in fränkischer Zeit einsetzenden Besiedlung gilt der Bereich um die Kirche St. Gereon. Neben ihr zählen als älteste Bauten aus mittelalterlicher Zeit das unterhalb, in den Bleibachauen, liegende Hofgut Neuenthal, heute großteils nicht mehr erhalten, und eine südlich des Ortes am Bleibach gelegene Mühle. Aus ihr hat sich der heutige Geflügelmastbetrieb entwickelt. Der sich im Mittelalter entwickelnde Ortsname bedeutete wohl „von Dornengestrüpp bewachsene Gegend“. Die Kirche St. Gereon mit umliegendem Friedhof bestimmt seither die Dorfeingangssituation am östlichen Ende. Die Bruchsteinsaalkirche mit Westturm entstammt in ihren ältesten Bauteilen dem 11. und frühen 12. Jahrhundert. Im 16. Jahrhundert, vor allem jedoch 1906/1908, wurde sie erheblich erweitert und verändert. Nicht zuletzt bekam der Turm nun erst seine hoch aufragende, gewalmte Helmpyramide, die für das heutige Bild der Kirche so charakteristisch geworden ist. Seit 2004 tauchen drei Strahler St. Gereon nachts in romantisches Licht.
Im Unterdorf erhielt Dürscheven im Nachgang zur 1867 eingeweihten Eisen-bahnstrecke Euskirchen-Düren auch einen Bahnhof. In der Folgezeit siedelte sich dort eine Agrar-Genossenschaft an, deren Getreidesilos heute das Bild des Unterdorfs mit prägen. Die Genossenschaft behielt den Standort bei, auch nachdem die Bahn den Betrieb 1983 einstellte. Auf dem Bahnhofsgelände ist die frühere Zweigleisigkeit der Strecke noch erkennbar. Das vormalige Stationsgebäude ist erhalten, jedoch in Privatbesitz. Inzwischen wird die Strecke als „Bördebahn“ an Sommerwochenenden wieder befahren.
In den letzten Jahren wurde das Dorf überörtlich bekannt als Heimat von Silke Rottenberg, der langjährigen Torhüterin der deutschen Frauen-Fußball-Nationalmannschaft. Sie war mehrfache deutsche, europäische und Welt-Meisterin, 2003 wurde sie Welttorhüterin des Jahres. Beim SC Enzen-Dürscheven machte Silke Rottenberg die ersten Schritte zu ihrer Karriere. Das Gelände am Sportplatz, in Richtung Elsig gelegen, wird inzwischen nicht mehr genutzt. Das vormalige Sportheim soll infolgedessen nun zu einem Dorfgemeinschaftshaus umgewidmet werden. Kirmes- und andere örtlichen Feiern unter freiem Himmel finden gegenwärtig auf dem kleinen Dorfplatz, an der Einmündung der Blei- in die Heerstraße gelegen, statt.
Enzen
Das Haufendorf Enzen liegt im äußersten Südosten des Stadtgebietes, westlich des Enzbaches. Zahlreiche Siedlungsspuren weisen bis weit in die römische Zeit zurück. Die Tallage am Fuße des Schievelsberges und mehrere Wasserquellen scheinen für die frühe Entwicklung des Ortes verantwortlich gewesen zu sein.
Die Begrenzungen des eigentlichen Dorfkerns markieren seit dem Mittelalter die 1902 an der Stelle eines alten Vorgängers neuerrichtete Pfarrkirche St. Kunibert im Norden und das heutige Rittergut Schick im Süden. Innerorts finden sich mehrere schön restaurierte alte Fachwerkhöfe und landwirtschaftliche Anwesen.
Spuren römerzeitlicher Wege und Siedlungen lassen vermuten, dass in der Gemarkung Enzen stattliche römische Landgüter gelegen haben müssen. Überörtliche Bedeutung wird dabei drei im Ort gefundenen, spätrömischen Sarkophagen zugeschrieben. Reiche Beigaben, mit denen diese Bestattungen nach der Überlieferung ausgestattet waren, zeugten von derart großem Wohlstand, das ein bereits 1663 gefundener Sarkophag als Grablege eines Merowingerfürsten angesprochen und deshalb als „Königsgrab“ bezeichnet wurde. Vom diesem wie einem weiteren, 1811 gefundenen Steinsarg sind jedoch gegenwärtig kaum noch Beigaben erhalten. Demgegenüber konnten reiche Funde aus einem 1977 geborgenen, weiteren Sarkophag gesichert werden. Diese werden heute im Haus „Römerthermen Zülpich - Museum der Badekultur“ ausgestellt. Darüber hinaus wurden auch den Matronen, keltisch-germanischen Fruchtbarkeitsgöttinnen, geweihte Steine aus römischer Zeit bei Enzen gefunden. Einer von diesen hatte dabei in Zweitverwendung als Einfassung einer zur Grablege gestalteten fränkischen Steinkiste gedient. Die 1663 und 1977 gefundenen Sarkophage sind seit 2011 vor der Kirche frei aufgestellt, in Nachbarschaft der erhalten gebliebenen Apsis von Alt-St. Kunibert. In ihr konnte dank bürgerschaftlicher Initiative eine Präsentation der reichen archäologischen Funde aus Enzen eingerichtet werden.
Im hohen Mittelalter ist ein heute untergegangener, örtlicher Rittersitz der Herren von Enzen überliefert. Sie waren Nachbarn eines regionalen Adelsgeschlechtes derer von Gertzen (Gartzem). Diese Herren von Gertzen entstammten ursprünglich einer Burg bei Obergartzem. Ewas abseits des Ortes Enzen errichteten sie aber – wohl in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts – eine neue Burg. Der dortige Burgherr Emmerich von Gertzen stiftete um 1351 eine Kapelle, die mitsamt einer Wohnung für drei betreuende Klausnerinnen in Nachbarschaft zu seinem Sitz errichtet wurde. Das kleine Kloster erhielt in der Folgezeit den Eigennamen Antonigartzem nach der Burg und dem Patron des Kirchleins, St. Antonius dem Einsiedler. Im Gegensatz zur Burg, für die sie ursprünglich entstand, ist die denkmalgeschützte, aufwendig restaurierte Klosteranlage bis heute erhalten.
Eppenich
Eppenich, ein typisches Straßendörfchen mit ca. 130 Einwohnern, westlich von Bürvenich gelegen, ist aus einer keltisch-römischen Siedlung hervorgegangen. Der Name leitet sich wohl von Epona, einer keltisch-römischen Göttin der Fruchtbarkeit und der Pferde, ab (Eponiacum). Im Mittelalter war Eppenich wie das benachbarte Bürvenich den Grafen und Herzögen von Jülich unterstellt. Die Klöster Füssenich, Bürvenich und Hoven traten bis zur Säkularisation als Verpächter von Flächen und Höfen auf. Gegenüber dem Kloster Bürvenich und dem Pfarrer von Wollersheim waren die Bewohner lange abgabenpflichtig.
In dem seit jeher landwirtschaftlich geprägten Ort befand sich bis in die 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein ein Dorfweiher. Dessen Eis wurde im Winter gebrochen, um der Kühlung des Bieres im Bürvenicher Felsenkeller zu dienen. Im Sommer wurde der Weiher dagegen als Viehtränke genutzt. Ausdruck lokaler Volksfrömmigkeit sind nicht nur zwei Kreuze, welche die beiden Ortseinfahrten zieren. Am Haus Nr. 6 ist darüber hinaus ein seltener, sogenannter „Gnadenstuhl“ aus dem Jahre 1753 zu sehen, der die heilige Dreifaltigkeit darstellt.
Durch die kommunale Verbindung mit Bürvenich läuft seither die Nutzung der dörflichen Einrichtungen Kirche, Friedhof, Gastwirtschaft, Schule und Geschäft dort zusammen. Auch im Vereinsleben kam es zu Zusammenschlüssen. Eigenständig blieb jedoch bis heute der Eppenicher Karnevalsverein, der in den 70er-Jahren des 20. Jh. überörtlich bekannt wurde, weil er mehr Mitglieder hatte, als das Dorf Einwohner.
Floren
Der Name Floren erscheint 1218 als Vlurne, 1447 als Vluiren und 1820 als Flouren und wird von der römischen Göttin Flora abgeleitet. Das Gelände des ehemaligen Gutshofes des Everhard von Hengebach in Floren ist heute noch gut zu erkennen. Im Laufe des 20. Jh. hat sich die Erwerbsgrundlage für die Einwohner nach bis dahin guten landwirtschaftlichen Ergebnissen fast vollkommen geändert. Große technische Maschinen bestimmen heute den Ablauf in der Argrarwirtschaft, dafür sind unzählige neue Berufe entstanden. Floren zählt heute ca. 50 Einwohner.
Füssenich
Füssenich, nördlich des Neffelbachs und des Muldenauer Bachs gelegen, ist ein langgestrecktes Mehrstraßendorf. Der Ort ist aus einem älteren, am Kloster entstandenen, und einem jüngeren Ortsteil rund um die Uferstraße zusammenge-wachsen. Geographisch markiert das Dorf den Übergang letzter Eifelhänge in die flache Börde. Die durch den Ort als „Brüsseler“ bzw. „Aachener Straße“ führende K 82 hat ihm das Attribut „Dorf mit den meisten Kurven“ eingebracht.
Bereits im Mittelalter wurde hier vom Neffelbach ein Graben abgeleitet, der Wasser zu drei am Ortsrand bestehenden Mühlen führte. Von diesen besteht nur noch die Luisgesmühle, zumindest als Gebäude, in historisierenden Bauformen des 19. Jahrhunderts fort.
Im hohen Mittelalter wurde in Füssenich ein Prämonstratenserinnen-Kloster gegründet, das durch seine schiere Größe mit seinen Einfriedungsmauern bis heute das Gesicht des Ortes bestimmt. Die Geschichte des mittelalterlichen Klosters endete erst nach Jahrhunderten mit seiner Aufhebung durch die Fran-zosen 1803. Inzwischen ist auf dem Gelände seit vielen Jahren das katholische Berufskolleg St.-Nikolaus-Stift untergebracht, eine Schule der Sekundarstufe II/Bereich Sozial- und Gesundheitswesen mit angeschlossenem Internat und Wohnheim. Die weitläufige ehemalige Klosteranlage mit seiner fernwirksamen Kirche ist bis heute prägend. Die historische Anlage bietet ein weitgehend ein-heitliches, barockes Erscheinungsbild aus Kirche, Stifts- und Wirtschafts-gebäuden.
Bei der ehemaligen Klosterkirche, der jetzigen Pfarrkirche St. Nikolaus, handelt es sich um eine barocke Backstein-Saalkirche. Ihre reiche, erst kürzlich restau-rierte, stilistisch einheitliche Ausstattung verdeutlicht den Wohlstand des dama-ligen Klosters. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Hochaltar zu, der über ein sogenanntes "Expositorium" verfügt: Beim Aufschwingen der Türflügel wird die Monstranz nach vorne geschoben und Glockenspielmusik erklingt. Dies ist einzigartig im Rheinland. Kostbarster Reliquienschatz der Pfarrkirche sind die Gebeine des Alderikus, eines legendenumwobenen Lokalheiligen. Sie ruhen in einem kunstvollen Holzschrein aus dem Jahre 1744, der in einem Sarkophag aus schwarzem Marmor im Mittelgang der Kirche beigesetzt ist. Diesem Alderikus ist oberhalb Füssenichs eine Kapelle gewidmet. Sie liegt an der vom Ort ins freie Feld führenden Brunnenstraße, kurz, bevor sich diese mit der von Geich kommenden Alderikusstraße vereinigt. Die beiden Straßenbezeichnungen verweisen dabei auf die beiden Bezugspunkte der Kapelle: die Lage an einer seit alters her bestehenden Quelle und die Widmung auf einen in Füssenich verstor-benen, vor Ort seit Jahrhunderten als „Volksheiliger“ verehrten Bruder, den „heiligen Alderikus “. Diese sogenannte „Alderikus-Quelle“ hinter dem Kapellenchor ist wohl bereits im Mittelalter mit einem kleinen Brunnen gefasst worden. Das Wasser war in der Umgebung lange als heilkräftig berühmt, es galt insbesondere als wirkungsmächtig bei der Bekämpfung von Augenleiden.
Geich
Das Mehrstraßendorf Geich liegt nördlich des Neffelbachs in direkter Nachbarschaft zu Füssenich, mit dem es zwischenzeitlich zusammengewachsen ist. Die ehedem selbständigen Dörfer stellen jetzt einen geschlossenen Siedlungskomplex dar. Wie andere Ortschaften Zülpichs wird auch Geich aus einem keltisch-römischen Siedlungsplatz heraus entstanden sein.
Das Dorf war immer besonders durch die Landwirtschaft geprägt; noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es 30 selbständige Bauernhöfe. Das Dorfbild zeigt daher vornehmlich kleinere und mittlere Fachwerk-Hofanlagen. Diese sind durchaus auch einmal als anspruchsvoller Vierflügeltyp in Backstein ausgeführt.
Unter den älteren in Stein ausgeführten Gebäuden sticht besonders das an der Aachener Straße gelegene sogenannte „Stenere Hus“ von 1657 heraus. Dabei handelt es sich um ein zweigeschossiges Wohnhaus in Bruchstein mit rundbogigem Haupteingang. Etwa gleich alt ist die nahe gelegene Kapelle St. Rochus und Brigida. In Pestzeiten entstanden, wurde sie 1781 baulich erneuert. Sie zeigt sich heute als schlichter barocker Saalbau mit Apsis, schiefer-gedecktem Satteldach und spitzbehelmtem Dachreiter. Nur wenige Schritte entfernt, in Richtung des Neffelsees, steht eine Vierflügel-Hofanlage unter Denkmalschutz. Sehenswert ist auch ein liebevoll renovierter Fachwerkhof aus dem Jahr 1647 am „Valder“, dem ehemaligen Dorfmittelpunkt.
Die unmittelbaren Nachbardörfer Geich und Füssenich waren bereits miteinander verwoben, bevor sie 1969 auch verwaltungstechnisch zusammen-gefasst wurden. Das betraf ebenso die gemeinsame Prägung durch den Braunkohlebergbau, der sich von Mitte der 1950er-Jahre bis Ende der 1960er-Jahre direkt am Ortsrand ausbreitete. Dieser Tagebau reichte von den beiden Dörfern bis zum Stadtrand Zülpichs hin. Nördlich Geichs entstand auf freiem Feld eine der modernsten Brikettfabriken des Rheinischen Reviers mitsamt einem Kraftwerk. Als Hinterlassenschaft sind Teile des inzwischen umgenutzten Fabrikgeländes noch erhalten. Hier und in den ehemaligen Werkhallen des Tagebaus sind heute verschiedene Betriebe, darunter der Weltmarktführer bei Inspektionssystemen für die Solarindustrie, angesiedelt. Mit rund 400 Arbeitsplätzen ist dies ein bedeutendes Gewerbegebiet für die gesamte Stadt. Der Tagebau ist auf Zülpich zu rekultiviert worden, das Restloch wurde zum jetzigen Neffelsee gestaltet. Er soll im Gegensatz zum Wassersportsee der Natur ein Refugium bieten.
Der Bergbau ist den Alteingesessenen durchaus in positiver Erinnerung geblieben:
Brikettfabrik und Kraftwerk brachte den Ort während der Bergbauzeit an die Spitze der sogenannte steuerstarken Gemeinden im Kreis Düren Nach dem Rückzug des Bergbauunternehmens, dessen Erwartungen auf Absatz von Braunkohlebriketts sich nicht erfüllt hatten, sind diese goldenen Zeiten längst vorbei. Eine Info-Tafel am Geicher Parkplatz direkt neben dem Rundweg um den Neffelsee illustriert diese kurzlebige Vergangenheit als Bergbaustandort.
Hoven
Das südlich direkt an die Kernstadt anschließende Straßendorf Hoven hat sich um die Gabelung der in Nord-Süd-Richtung laufenden römischen „Agrippastraße“ herum entwickelt. Von der Richtung Merzenich führenden Trasse, heute Luxemburger Straße, zweigte hier eine weitere, Richtung Bürvenich zum Zielort Reims leitende Straße, heute Bürvenicher Straße, ab. Auf eine seinerzeit entstandene römische Siedlung verweisen Funde, die überörtliche Bekanntheit erlangt haben, wie der „Hovener Meilenstein“ und der „Hovener Knabenkopf“.
Nahe der Gabelung entstand im 12. Jahrhundert ein Zisterzienserinnenkloster mit Namen „Marienborn“. Das große Klosterareal bestimmt seither das Ortsbild des Dorfes, das heute mit der Kernstadt verwachsen ist. Es ist dieses Kloster, in dem nach der Überlieferung der „Eifelheilige“ Hermann-Joseph von Steinfeld lange Jahre wirkte und verstarb. Die Klosterkirche gilt als vorzüglicher Bau der Romanik. Wertvollstes Stück ihrer Ausstattung ist die „Hovener Madonna“ aus dem 12. Jahrhundert. Das frühere Kloster wurde im 19. Jahrhundert in eine Krankenanstalt umgewandelt. Seither ist hier die „Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Marienborn“ zuhause, eine gemeinnützige katholische Einrichtung in Trägerschaft der Cellitinnen. Sie versorgt psychisch kranke Menschen im Erwachsenenalter.
An der Nideggener Straße entstand bereits im 9. Jahrhundert die bis heute bestehende Pfarrkirche St. Margareta. Die Bruchstein-Saalkirche hat mittelalterliche Ursprünge, wurde jedoch zwischen dem 17. und 20. Jahrhundert verschiedentlich umgebaut und renoviert. Auch sie verfügt über eine außergewöhnliche Devotionalie, ein sogenanntes Wurzelkreuz aus dem 15. Jahrhundert. Es gilt als einzigartig nördlich der Alpen.
Am Standort der alten Wegegabelung bestand seit je her ein Plätzchen, später geziert von einem Prozessionskreuz des frühen 20. Jahrhunderts. Dieser Platz wurde durch bürgerschaftliches Engagement 2013 erneuert und umgestaltet. Ihn schmückt nun auch ein weiterer Meilenstein aus Hoven. Dieser stammt allerdings nicht aus römischer, sondern preußischer Zeit: Der sogenannte Rundkopfstein war Mitte des 19. Jahrhunderts hier aufgestellt worden, als in der Nachfolge römischer Straßen die Köln-Luxemburger-Bezirksstraße erbaut worden war. Diese führte von Köln über Zülpich und Hoven Richtung Kommern. Der preußische Meilenstein war lange deponiert und fand hier endlich wieder, nahe seiner ursprünglichen Aufstellung, einen Platz.
Mit Hoven verbunden ist seit alters her der in Richtung Sinzenich liegende Weiler Floren. Dieser wird bereits im frühen13. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Aus jener Zeit hat sich bis heute nur das grabenumschlossene Gelände eines vormaligen Gutshofs erhalten. Heute verläuft die Durchfahrtstraße längs eines kleinen Angers, der von dieser Straße und den umliegenden Gebäuden des Weilers eingefasst wird.
Juntersdorf
Juntersdorf liegt südwestlich der Kernstadt als einzeiliges Straßendorf an einem hochwasserfreien Südhang des Neffelbaches. Der Ort dürfte auf eine fränkische Siedlung zurückgehen. Im „Prümer Urbar“, einem Güterverzeichnis von 893, wurde er urkundlich ersterwähnt.
Rechts und links der in Kurven abwärts führenden Durchfahrtstraße stehen talwärts verschiedene kleine, teilweise sehr schön restaurierte, giebelständige Fachwerk-höfe. Manchmal werden sie von ortstypischen Gärten und Obstbaumwiesen einge-fasst. Dieser Bereich zwischen der hochgelegenen Pfarrkirche und der talwärts liegenden Burg bildet den historischen Dorfkern. Die Kirche St. Gertrudis hat sich wohl aus der Kapelle einer fränkischen Hofanlage entwickelt, worauf die hoch¬wasserfreie Lage, das alte Patronat und nicht zuletzt der Ortsname (überliefert als „Guntharsdorf“) hindeuten. Die romanische Kirche ist ein Saalbau mit eingezoge¬nem Chor, im Kern aus dem 12. Jahrhundert stammend. Eine Besonderheit stellt die Darstellung des Jerusalemer Kreuzes im steinernen Sturz über einer vermauerten Tür an der Südseite dar. Es verweist auf die Kreuzzug-Teilnahme von Ortsadeligen. In der umliegenden Friedhofsmauer sind zahlreiche Steinkreuze aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges vermauert.
Der Hof, zu dem die Kirche gehörte, wurde wohl später in das Tal verlegt und zu einer Wasserburg ausgebaut. Dadurch konnten die Gräben durch Bäche gespeist werden. Diese ursprünglich zweiteilige Wasserburg bildete den Stammsitz eines Adelsgeschlechtes „von Guntersdorf“, das urkundlich im 13. Jahrhundert Erster¬wähnung findet. Lange Zeit war die Burg im Besitz des Geschlechtes der „Berghe von Trips“. Von diesen übernahm sie der Unternehmer Eduard Rolff als Familien¬sitz. Die Burg Juntersdorf zeigt heute ein gegenüber der Ursprungsform stark ver¬ändertes Bild. Die Bereiche von Vorburg und Herrenhaus sind seit dem 19. Jahr¬hundert zu einem geschlossenen, landwirtschaftlich genutzten Gutshofkomplex verbunden. Hinter einer repräsentativen Toranlage aus dem Jahr 1883 blitzt das Dach des früheren Herrenhauses mit Bauspuren des 15. Jahrhunderts hervor.
Talaufwärts der Astraeastraße liegt hinter dieser Burg der Gilleshof, der zu den größten Anwesen des Dorfes zählt. Die Hofanlage wird straßenseitig von einer hohen Bruchsteinmauer abgeschlossen. Durch ein sandsteingefasstes Rund-bogentor blickt man über den Innenhof hinweg auf das freistehende, repräsen-tative Wohnhaus aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Anlage wird nun von den Eigentümern für betreutes, aber selbständiges Wohnen für ältere Menschen in familiärer Atmosphäre genutzt.
Juntersdorf lässt heute nicht mehr erkennen, dass es einmal Standort von Braun-kohlenförderung und -verarbeitung in mehreren Gruben gewesen ist. Jedoch wurden bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert Flöze oberhalb der Burg untertage ausgebeutet und in der seinerzeit bestehenden Brikettfabrik verarbeitet. Der Ort wandelte sich für einige Jahrzehnte von einem Bauerndorf zu einer Arbeiterge-meinde mit Bahnanschluss. Die Dorfstraße heißt heute im unteren Bereich Astrea-Straße und erinnert damit an den Namen der Grube, der ihr Betreiber Johann Albert Abels nach einem Streit mit Konkurrenten den Namen der antiken Göttin der Gerechtigkeit verlieh. Heute erinnert eine oberhalb, am Spielplatz aufgestellte Lore an die Braunkohlenzeit.
Die Neffeltal-Hymne
(von Heinz-Peter Müller)
Wo will ich leben?
Wo einst die alten Mühlen standen,
die Neffel strömt im Zülpicher Lande.
Wo bis zur Erft der Bach sich windet
und ab Wollersheim die Orte bindet.
Und wo das Rad im Bach sich drehte
und das Mehl im Winde wehte.
Wo einst der Müller ging mit Ehren,
das Wohl des Dorfes zu vermehren.
Wo einst man sah die schönsten Reben,
das höchste Gut für langes Leben.
Wo heut´die alten Pappeln rauschen,
dem Gesange will ich gerne lauschen.
Wo heut´ die Wellen seicht sich küssen,
Neffelsee, ich würd´Dich vermissen.
Und wo die Ruhe endlos scheint,
da sind Glück und Wohl vereint.
Wo Mensch und Tier in Einklang sind
und die Natur ist Gottes Kind.
Und wenn Du fragst, was ist mein Streben,
im Neffeltal, mein Freund, da will ich leben.
© H.-Peter Müller, Zülpich, 2021
Langendorf
Das einzeilige Straßendorf Langendorf liegt in der Ebene südwestlich der Kernstadt. Es gilt seit fränkischer Zeit an als besiedelt. Von der landwirtschaftlichen Ortstradition zeugen mehrere große, zweigeschossige Hofanlagen des 19. Jahrhunderts an der Durchfahrtstraße. Unter den früheren Landwirten gibt es bekannte Traktor-Veteranen-Sammler, wie eine bemalte Hauswand ausweist: Hier sind legendäre Fabrikate wie „Lanz“ und „Hanomag“ zuhause. Zur Straße liegt auch das alte Schulhaus des Dorfes, das, komplett eingerichtet, für Veranstaltungen zu mieten ist.
Einen attraktiven Haltepunkt von Oldtimer-Rallyes bildet die Burg Langendorf. Am eifelwärts gelegenen Ortsausgang bietet sie einen besonderen Blickfang. Die aufwändig restaurierte Wasserburg gilt als eine der prächtigsten in der Region. Ein Besuch ist nach Absprache mit dem Eigentümer bzw. über Stadt Zülpich möglich. Die auf der Burg beheimatete Manfred-Vetter-Stiftung zeichnet auch für die Aufstellung großformatiger Granitskulpturen des Concept-Art Künstlers Ulrich Rückriem verantwortlich. Dazu zählen verschiedene Stelen in Umgebung der Burg („Kultur auf dem Feld“), besonders aber die sog. „Chlodwigstele“.
Neben der Burg ist vor allem die stilrein neogotische Pfarrkirche St. Cyriakus aus dem Jahre 1902 sehenswert. Sie trat an die Stelle eines romanischen Vorgängerbaus. Zur Kirche gehört das gegenüber liegende Pfarrhaus, das aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt.
Auf Zülpich zu liegt am Ortsausgang ein ehemaliges Batterie-Beständelager der Wehrmacht, zur damaligen „Luftverteidigungszone West“ zählend. Nach 1945 wurde der Gebäudekomplex in eine Produktionsstätte für „Nordböhmisches Glas“ umfunktioniert. Dahinter liegt auf freiem Feld, in Richtung auf die bewaldete Anhöhe im Westen, eine zugehörige Bunkerruine. Sie wurde 2005 freigelegt und mit einer erläuternden Hinweistafel versehen.
Die Anhöhe ist eine begrünte Abraumhalde der 1950er- und 1960er-Jahre. Sie entstand im Zuge zweier Braunkohlentagebaue des Unternehmens „Victor Rolff“ nahe der Kernstadt. Unmittelbar vor dieser Halde liegt ein abgetrenntes Bergbauschadensgebiet. Es zeugt von einer historischen Besonderheit, der Grube „Astrea“: Zwischen Langendorf und Juntersdorf wurde nämlich bereits im frühen 19. Jahrhundert Braunkohle abgebaut, jedoch nicht im Tage-, sondern im Tiefbau, mit Stollen! Weil die fast vergessenen Gänge einsturzgefährdet sind, ist das Gelände heute abgezäunt.
Das Areal vor der Abraumhalde, gegenüber der Burg, wird nach dem Nach-barort „Wollersheimer Heide“ genannt. Gemäß der Überlieferung soll hier der Frankenkönig Chlodwig im Jahre 496 die Alemannen geschlagen haben. Der Sieg war Anlass für die Bekehrung des Merowingers zum römisch-katholischen Glauben, dem er damit zum Durchbruch verhalf. Von Chlodwigs Schlachten-glück bei Zülpich künden in seiner späteren Hauptstadt, Paris, heute eine Straße, Brücke und Metrostation. An Schlacht und Taufe will auch die im Nachgang des Zülpicher „Chlodwig-Jahres 1996“ gestiftete, große Rückriem-Stele erinnern.
Linzenich
Die L178 (Sinzenich - Enzen) die heute in zwei scharfen Kurven durch den Ort führt, gab es in den Karten von 1808 noch nicht: Die Siedlung entwickelte sich vielmehr an einem uralten Weg, der aus dem Schwerfener Raum am südöst-lichen Hang des Rotbachtales herkam und heute noch als gerader Feldweg Rich-tung Ülpenich verläuft. Im Osten des Dorfes entstand nach dem 2. Weltkrieg ein größerer Wohnpark. 1890 fand man im Bereich des heutigen, idyllisch gele-genen Spielplatzes beim Anlegen einer Sandgrube ein Gräberfeld. Teile der zu-gehörigen Siedlung legte man nahebei in den1960er Jahren frei und ordnete sie Kelten aus der Hallstatt-B-Zeit (1050-800 v. Chr.) zu. Diese zogen für ihre Landwirtschaft den leichter zu bearbeitenden, sandigen Boden der Umgebung dem schweren Lehmboden der bachnahen Flur vor. Ist Linzenich also etwa 3000 Jahre alt?
Unterhalb des Dorfes liegt die ehemalige Burg. Zwar zeigt sie sich heute als Gutshof, jedoch lassen die erhaltenen, vom Dorfbach gespeisten Gräben und das freistehende Herrenhaus eine zweiteilige Anlage in regelmäßigen, rechteckigen Formen erkennen – eine typische Burg des 14. Jh. Sie muss aber Vorgänger gehabt haben, denn es gibt seit 1102 urkundliche Erwähnungen einer Burg Linzenich. Nach der Zerstörung durch hessische Soldaten (1642) und Erdbeben (1755 und 1765) wurde sie jeweils renoviert. Das zweigeschossige Herrenhaus auf hohem Sockel, in Bruchsteinen und im 1. Obergeschoss in verschiefertem Fachwerk ausgeführt, stammt wohl von 1769. – Auch wenn die Burg nicht aus einem galloromanischen Gut an dieser Stelle erwachsen ist, so weist doch der Name Linzenich auf eine solche Anlage. Sie befand sich wohl nur wenig weiter östlich, im Bereich von Kindergarten und neuem Pfarrheim. Hier haben Jungsteinzeitmenschen, Kelten und Römer gewohnt, letztere sogar Eisen hergestellt, wie gefundene Schlacken zeigen. Im 17. Jh. gehörte Burg Linzenich der Aachener Schöffenfamilie von Colyn. Deren bekanntesten Vertreter, Bonifacius (II.), einen Anhänger der Reformation, hatten die Aachener Protestanten 1598 zum Bürgermeister gewählt. Auf Druck dortiger Katholiken, des Herzogs von Jülich und des Kaisers wurde ihm nach vier Jahren der Prozess gemacht. Er kaufte sich aus der Haft los, verließ mit der Familie die Stadt und lebte bis zu seinem Tod auf seiner Burg Linzenich.
Das Dorf gehört mit seiner Burg seit jeher zur Pfarre Lövenich. 1997 errichtete der Linzenicher Kapellenbauverein an der östlichen Flanke des kleinen Tals, aus dem der namenlose Dorfbach tritt, neben einer alten Eiche auf dem vom Vorsitzenden gestifteten Grundstück eine Kapelle. Pfarrer Cornelissen hatte dazu die Anregung gegeben. Diese Kapelle ist Maria und Nikolaus von der Flüe geweiht. Der Heilige lebte im 15. Jh., war Bauer und Vater von zehn Kindern. Er hatte religiöse Visionen und entschloss sich mit Erlaubnis seiner Frau, ein Einsiedlerleben zu führen. 1481 verhinderte er einen Bürgerkrieg zwischen den schweizerischen Stadt- und Landkantonen.
Lövenich
Lövenich entstand nordöstlich einer untergegangenen, namengebenden Burg, die südöstlich der Kirche lag. Der älteste Ortsteil liegt entlang einer Straße (K 31), die von einer alten, hochwasserfreien Verbindung zwischen Sinzenich und Nemmenich zum Rotbach führt. Die Häuser sind hier über einer oberflächen-nahen Tonschicht gebaut. Deshalb haben sie keine tieferen Keller, aber eigene Brunnen. Im 19. Jh. entstanden Straßen und Hofanlagen beiderseits des Baches. Ihn säumen heute prächtige Reihen 90-jähriger Linden, die das Ortsbild beherr-schen. Das Dorf hat nach dem 2. Weltkrieg eine tiefe Wandlung erfahren: Von 15 Ackerbaubetrieben, die auch Milchkühe und anderes Vieh besaßen, sind nur noch drei übrig geblieben – ohne Kuhstall! Mit dem gleichzeitigen Ver-schwinden vieler dörflicher Einrichtungen und Betriebe ging der Verlust zahl-reicher Arbeitsplätze einher. Für verwaiste Anlagen fanden sich aber teilweise auch neue Nutzer: In einem der regionaltypischen Winkel- oder Dreiseithöfe ist seit 1979 ein Frauenbildungshaus eingerichtet, das erste seiner Art in der Bundesrepublik. Es bietet Veranstaltungen und Seminare mit frauenspezifischer Ausrichtung an.
Fünf Mühlen wies die Lövenicher Gemarkung lange auf. Die Nonnenmühle (1185), von der Weiterführung des Sinzenicher Marienbachs getrieben, diente den Zisterzienserinnen von Hoven und wurde vor einigen Jahren abgerissen. Die Pfeiffersmühle, am gleichen Bach gelegen, war das Elternhaus des bekannten Kirchenkomponisten Theodor Pfeiffer(1875-1936). Sie besteht baulich ebenso wie die Kerpsches- oder Mayersmühle im Dorf selbst noch in wesentlichen Tei-len fort. Eine „Steinsmühle“ ist schon vor Jahrhunderten untergegangen. Unter-halb des Dorfes liegt an der B56 die Propstmühle. Sie hat wie die Mayersmühle bis nach dem 2. Weltkrieg Mehl gemahlen und stellt heute Mischfutter her.
Alte Siedlungsspuren aus Steinzeit, keltischer und römischer Zeit finden sich in der gesamten Lövenicher Gemarkung. Wenig unterhalb der Einmündung des Vlattenbachs durchquerte die Römerstraße von Tolbiacum/Zülpich nach Belgica/Billig den Rotbach. Daran erinnern die alte Gemarkungsbezeichnung „Furt“ und eine 2012 errichtete Fußgänger- und Fahrradbrücke.
Ein römischer Gutshof stand nahe der heutigen Kirche, denn unter ihr wurden neben Einzelfunden Fundamente eines kleinen, rechteckigen, geosteten Gebäudes mit runder Apsis entdeckt – ein frühchristlicher Gebetsraum? Darauf könnte auch die Pfarrpatronin verweisen, Agnes, eine römische Märtyrin, während der zweite Patron, Urbanus, ehemaligen Weinbau verrät. Der fränkische Herr eines nahe gelegenen Gutshofs ließ im 8. Jh. eine steinerne Saalkirche errichten. Darüber entstand im 13. Jh. eine romanische Basilika mit gelblichem Kalksandstein von Floisdorf und roten Sandsteinleibungen aus dem Rurtal. 1922/23 wurde das nördliche Seitenschiff abgerissen und die Kirche nach Norden erweitert. Über dem südlichen Seitenschiff errichtete man einen auffallend asymmetrischen Giebel. Grabungen vor Ort brachten mehrere römische Steinsarkophage zutage. Der am besten erhaltene liegt an der Kirchenmauer. Seit 1968 zeigt die alte Sakristei von Pfarrer Körfer gesammelte heimatgeschichtliche Objekte aus Kirche, Ort und Region.
Lüssem
Die Burg Lüssem ist eine ehem. einteilige Wasserburganlage (vier Flügel um einen Innenhof) aus dem 13. Jahrhundert. Im Spätmittelalter entstand eine zweite Burganlage, die 1641 zerstört und später wieder aufgebaut worden ist. 1801 erfolgte der Neubau des Wohnhauses. In der Folgezeit wurden die Wassergräben verfüllt und die Gesamtanlage, die annähernd im Umfang als einteilige Wasserburg erhalten ist, modernisiert.
Merzenich
Das einzeilige Straßendorf Merzenich liegt südlich von Hoven, nahe der Römerstraße Köln-Trier, die als kultur-touristischer Radweg parallel zum Ostrand des Ortes verläuft. Die Besonderheit des Dorfes macht aus, dass es seine Ausdehnung und Struktur seit dem 19. Jahrhundert nicht wesentlich verändert hat. Der Ort hat sich rechts und links der geradlinigen „Severinusstraße“ entwickelt. Diese endet heute am südlichen Ortsrand und ist daher vom Durchgangsverkehr entlastet.
Die im Mittelalter bestehende Burg eines örtlichen Adelsgeschlechts ist vollständig untergegangen. Von der wohl zur selben Zeit entstandenen, leicht erhöht zur jetzigen Ortsdurchfahrt liegenden Kirche des 12. Jahrhunderts hat sich dagegen der Turm noch erhalten. Der wurde 1913 in einen neu errichteten Kirchbau integriert. Direkt neben der Kirche liegt ein in der Region seltenes Beinhaus, das aus dem 15. Jahrhundert stammt. Gemeinsam mit dem 1871 errichteten, eingeschossigen Schulgebäude setzt dieses Ensemble baugeschichtlich einen Hauptakzent für das Dorf.
Im südlich der Kirche liegenden Oberdorf entstanden große Höfe, die in ihrer Ausführung Rückschlüsse auf den Wohlstand der Besitzer erlauben. Größtes Schmuckstück als Baudenkmal ist das Haus Nagelschmitz, das als eines der schönsten Fachwerkhäuser im gesamten Kreis Euskirchen gilt. Es handelt sich um einen zweigeschossigen, repräsentativen Fachwerkwinkelhof mit Tordurchfahrt. Im Unterdorf, dem Eingang zum Ort, findet sich demgegenüber eine aufgelockerte Bebauung.
Aus großen Bauernhöfen sind inzwischen Reit- und Pensionsställe wie der „Päädsmaat“ entstanden. Mit ihm ist die Reitgemeinschaft Merzenich verbunden. Reithalle und Außenanlagen sind groß dimensioniert. Der Stall ist auch als Turnierausrichter bekannt. Daneben gibt es auch den Reitstall Nagelschmitz, mit dem sich die Pferdefreunde St. Severinus verbinden.
Weite Teile des Dorfes sind neben Feldern auch von Obstbaumwiesen umgeben. Eine aktive und engagierte Bevölkerung wertet den kleinen Ort seit Jahrzehnten durch gestalterische Maßnahmen auf, und das mit Erfolg: Merzenich war beispielsweise „Golddorf“ auf Landesebene beim Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ und hat ein halbes Dutzend weiterer Auszeichnungen errungen.
Am östlichen Rand des Dorfes, parallel zur Sinzenicher Straße mit seiner nach dem 2. Weltkrieg entstandenen Siedlung, wurden an einer feucht-sumpfigen Stelle, an der früher einmal die Merzenicher Burg gestanden haben soll, Grünflächen als Vogelschutzgebiet mit einem Teich angelegt. Dieser wird vom Vlattener Bach gespeist.
Mülheim
Die Geschichte Mülheims lässt sich bis in das frühe 5. Jahrhundert zurückverfolgen. Auf die Herrschaft der Römer folgte damals diejenige der Franken. Es entstanden viele Orte mit der fränkischen Namensendung „-heim“, so auch Mülheim. Ausgangspunkt der Siedlung war damit vermutlich eine Mühle. Nicht von ungefähr wurde die bislang älteste Wassermühle des Rheinlandes am Rotbach unterhalb Mülheims vor Niederberg entdeckt. Die ergrabenen hölzernen Überreste von Welle und Widerlager werden auf das späte 9. Jahrhundert datiert. An die Tradition des Mahlens erinnern heute noch die Namen „Bouligsmühle“ und „Ölmühle“. In unserer Region zählt der Bouligshof neben Burg Mülheim und Haus Pesch zu den großen mittelalterlichen Lehnsgütern der Abtei Prüm. Darunter hat Haus Pesch heute noch den größten Anteil an originaler Bausubstanz.
Kommt man von Wichterich nach Mülheim, so fällt das schöne Dorfkreuz aus Rotsandstein auf, das 1753 vom damaligen Besitzer des Hauses Pesch gestiftet wurde. In seiner Umgebung finden sich noch einige bemerkenswerte ehemalige Fachwerkhöfe. Ackerbau und Viehzucht bildeten über Jahrhunderte hinweg den wirtschaftlichen Schwerpunkt des Dorfes. Große gemauerte Silotürme in Mülheim und dem Nachbarort Wichterich zeugen noch heute davon.
Große Veränderungen für den Ort brachte erst wieder die wilhelminische Zeit. Für Mülheim wurde eine eigene Volksschule gebaut, ein typisch preußischer Backsteinbau, in dem noch bis in die 60-er Jahre unterrichtet wurde. Ab 1895 befuhr die Euskirchener Kreisbahn das Gebiet des gesamten Landkreises. Dabei wuchs Mülheim die wichtige Funktion zu, als Übergangspunkt für die Nordstrecke sowie als Ausgangspunkt für die Eifelstrecke zu dienen. Am Gleisdreieck Mülheim wurden Bahnhof und Lokschuppen angelegt. Jahrzehntelang beförderte die Kreisbahn Rüben und Briketts, aber auch Personen durch das Zülpicher Land. 1959 wurde der Betrieb eingestellt. Das Bahnhofsgebäude blieb jedoch restauriert erhalten.
Nemmenich
Das Mehrstraßendorf Nemmenich liegt östlich der Kernstadt, in Muldenlage unmittelbar am Ostufer des Rotbachs. Augenscheinlich geht die Siedlung auf einen mittelalterlichen Herrenhof mit Mühle und Kapelle zurück, um den herum sich das Dorf entwickelte.Am Rotbach bzw. dem Mühlengraben gruppierten sich jedenfalls die aus dem Herrenhof entstandene, spätgotische Lauvenburg und eine Getreidemühle, in Randlage zur eigentlichen Siedlung. Nördlich von diesen entstand das Dorf mit seinen straßenfluchtenden, bäuerlichen Winkel- und Dreiseithöfen. Diese waren bis in das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts von Überschwemmungen bedroht, ehe Flutgräben die Gefahr beseitigten. Erst danach wurden Kirche, Schule und Pfarrhaus gewässernah neu errichtet. Seither bildet an der heutigen Philipp-Orth-Straße ein beeindruckendes Gebäude-Ensemble aus Pfarrkirche, altem Friedhof, Pfarrhaus, ehemaliger Schule, ehemaliger Mühle und Burg das Ortszentrum. Von dort weitet sich das Dorf in nordwestlicher Richtung kreisförmig auf. Den eigentlichen Ortskern umschließt ein Straßenring, von dem aus radial Wege zu den Nachbardörfern führen. Die 1867 eingerichtete Bahnlinie sorgte für damals für einen eigenen Haltepunkt, begrenzte aber auch die Ausdehnung des Dorfes nach Süden. Noch heute hält hier an Wochenenden die zwischen Euskirchen und Düren verkehrende Bördebahn. Ortsbildprägend ist bis heute die Lauvenburg, eine zweiteilige, gut erhaltene Wasserburg mit vorgelagerter Garteninsel. Die Bausubstanz entstammt großteils dem 14. bis 17. Jahrhundert.
Die neugotische Pfarrkirche St. Peter ersetzte 1885/86 einen mittelalterlichen Vorgängerbau. Gemein ist damit allen historischen Gebäuden im Südosten des Dorfes ihre Ausführung in Backstein: die Lauvenburg, die Kirche, die frühere Schule an der Philipp-Orth-Straße, das Pfarrhaus an der Schnorrenberger Allee, die Mauer des alten Friedhofs und die historische Brücke über den Rotbach wurden mit diesem Baustoff errichtet.
Außerhalb des Dorfes liegt östlich des Rotbachs bzw. Notbachs die Siedlung Schnorrenberg, deren Ursprünge wohl bis in die Römerzeit zurückverweisen. Jedoch konnte erst durch Drainagemaßnahmen das Areal soweit trockengelegt werden, dass seit dem Ende des 2. Weltkriegs eine dichte Bebauung ermöglicht wurde. Nördlich des Dorfes liegt die kleine, zugehörige Siedlung Lüssem. Die dortige Aegidius-Kapelle erinnert als einziges Gebäude an den Ursprung des Weilers, hervorgegangen aus einer frühmittelalterlichen fränkischen Hofsiedlung. Die Kapelle von Lüssem ist baugeschichtlich bereits in das 11. oder 12. Jahrhundert zu datieren. Die kleine Bruchstein-Saalkirche zeigt sich in teilweise noch unveränderter, romanischer Gestalt. Auch das mächtige Holzgerüst im Inneren, das den Dachreiter und die Glocken trägt, befindet sich noch in weitgehend originalem Zustand. Der Altar ist eine Stiftung der damaligen Eigentümer der benachbarten, früheren Burg Lüssem. Eine Kommunionbank haben die seinerzeitigen Eigentümer der Lauvenburg gestiftet. Auf dem der Kapelle zugehörigen, auch für Nemmenich zuständigen Friedhof ist der bekannte rheinische Heimatforscher Peter Simons begraben.
Niederelvenich
Niederelvenich liegt als lockeres Haufendorf in einer Mulde, welche ostwärts in ein vom Rotbach durchflossenes Feuchtgebiet ausläuft. In dieser fruchtbaren Bachaue wurden im 9 Jahrhundert vier Lehnshöfe der Abtei Prüm gegründet, aus denen heraus sich das Dorf schließlich zwischen Aue und heutiger L 162 entwickelte. Diese führt als ,,Wichtericher Straße “ mitten durch den Ort, mit einer Verschwenkung an der ehemaligen Dorfschule aus dem Jahr 1868. Dort liegt auch ein kleiner Dorfplatz mit altem Gemeindebrunnen (1790) und einem Sandsteinkreuz mit originaler Einfriedung (1800).
Ab 1968 wurde links der Durchfahrtstraße nach Wichterich ein Neubaugebiet erschlossen. In deren Mitte wurden für den gewachsenen Ort die Kirche Maria-Königin und ein Kindergarten errichtet. Am Ortsausgang Richtung Wichterich entstand daneben eine dorfeigene Festhalle. Sie bildet einen wichtigen Austragungsort für dörfliche Feiern ebenso wie für beliebte Aufführungen von Laientheaterstücken, auch für Gruppen der Nachbarorte.
Zwei von vier im Mittelalter der Abtei Prüm zugehörige Höfe Niederelvenichs sind heute noch – in veränderter Form – auf uns gekommen: Der am östlichen Ortsrand in der Niederung gelegene Talhof und Haus Busch, auf dem gegenüberliegenden Rotbachhang gelegen. Zu diesem Landsitz hatte einst auch die am dorfseitigen Bachufer, nördlich des Ortes, gelegene Buscher Mühle gehört.
Haus Busch ist als barocker Landsitz aus einer einteiligen Wasserburg des Mittelalters hervorgegangen. Die anspruchsvoll konzipierte und gut restaurierte Anlage wird durch eine axiale Allee mit Ahorn- und Eschenbäumen aus Richtung Mülheim-Wichterich erschlossen.
Haus Busch ist weitgehend von einem Wäldchen umschlossen, an den sich eine außergewöhnliche Sportstätte anschließt: Der seit 1977 in Niederelvenich bestehende Baseball-Club Zülpich Eagles ist der zweitälteste unter den zur Zeit existierenden Baseball- Vereinen in Deutschland. Sein Spielfeld, das „Naby-Field“, erreicht man durch die Talstraße, über eine den Rotbach querende Brücke.
Oberelvenich
Das Dorf erstreckt sich nördlich von Nemmenich direkt entlang der L 162, die Richtung Wichterich führt. Parallel dazu verlief früher die Kreisbahn, deren Bahnhof und Toilettenanlagen, umgenutzt, heute noch dort erhalten sind. Vom Nachbarort Niederelvenich wird das Dorf heute durch die L 264 getrennt, jedoch verlief die Entwicklung der beiden Ortschaften trotz der Namensverbindung auch zuvor bereits unterschiedlich.
Die ursprünglich beherrschende Durchgangsstraße führte, anders als heute, von Rövenich kommend über die jetzige Bollheimer Straße Richtung Frauenberg. Dabei handelt es sich um die alte Aachen-Frankfurter Heerstraße, einer im Mittelalter wichtigen Fernverbindung. Daher entstanden die wesentlichen Gebäude des alten Ortes in Nähe zu dieser Verkehrsachse: Die kleine barocke Saalkirche und das ehemalige Pesthaus, ergänzt um das stattliche alte Pfarrhaus, bilden nicht nur ein reizvolles Ensemble innerhalb der parallel zur L 162 verlaufenden Kellerhofstraße, einer Pappelallee. Sie liegen auch alle im Einmündungsbereich zur Bollheimer Straße. Nicht von ungefähr ist auch das Gut Bollheim an dieser alten Verkehrsachse von Aachen zum Rhein angesiedelt. Die Kellerhofstraße läuft über die Bollheimer Straße hinweg zum nördlichen Ortsrand, wo der namengebende Kellerhof an der Einmündung zu Ölmühlen-Straße liegt. Er hat noch weitgehend den Originalzustand von 1818 und ist damit eines der wesentlichen ortsprägenden Gebäude. Die Querstraße An der Ölmühle endet als Sackgasse in dem namengebenden, früheren Betrieb. Dieser bildet ein Pendant zu der ebenfalls der Niederung zu, hier jedoch am südlichen Ortsrand, liegenden alten Kornmühle des Dorfes.
Beide nutzten ursprünglich den Rotbach bzw. seine Mühlengräben als Antrieb. Dies verweist noch einmal auf die Besonderheit Oberelvenichs, seine Lage an den Rotbachauen, die sich östlich des Dorfes erstrecken. Der Ort trennt durch seine Lage die feuchten Bereiche der Rotbachniederung von den nordwestlich anschließenden, fruchtbaren Ackerflächen. Dies führte zwangsläufig zu der länglichen Siedlungsform des Dorfes, angelehnt an die Fließrichtung der Bäche von Südwest nach Nordost. Seit jeher wurden die feuchten Aubereiche über die Wasserkraftgewinnung hinaus auch als Obstwiesen, Weide- oder Gartenland genutzt. Gegenwärtig sind hinter Gut Bollheim bis zur L 264 und auf Nemmenich zu alte Feuchtwiesen und Wäldchen als Naturschutzgebiete ausgewiesen. Von dem früheren, repräsentativen Schloss Bollheim sind nur noch die Vor- und Wirtschaftsgebäude auf uns gekommen, diese aber blieben wenigstens weitgehend erhalten. Die Qualität und Größe der Gebäude, die eine lange Zufahrtsallee säumen, bezeugen auch heute noch die überregionale Bedeutung des einstigen Schlosses: Vertreter der Eigentümerfamilie von Hompesch waren europaweit bis zu Großmeistern des Malteser-Ordens aufgestiegen. Seit 1981 ist in Haus Bollheim ein biologisch-dynamischer landwirtschaftlicher Betrieb mit eigenem Hofladen ansässig.
An der L 162 Richtung Nemmenich erstrecken sich rote und schwarze Johannisbeerstrauchfelder, die zu den größten in ganz Deutschland zählen.
Rövenich
Das Straßendorf Rövenich liegt in der Ebene nördlich der Kernstadt, abseits von modernen Verkehrswegen. Seine Lage nahe der alten Römerstraße Köln-Trier, der archäologische Nachweis einer Straßenwachstation (Burgus) und die charakteristische Ortsnamensendung auf „-ich“ deuten auf gallorömische Ursprünge der Ortschaft. Reste der Wasserleitung eines einst nahebei gelegenen, römischen Gutshofes werden vor der Kirche präsentiert.
Zwar liegt das Dorf auch abseits von Fließgewässern, jedoch sorgte der hier relativ hohe Grundwasserstand lange für periodisch wiederkehrende Überflutungen von Hauptstraße, Stichwegen und Kellern. Rövenich wurde charakterisiert als das Dorf, „wo die Sood (Abwasserinne neben der Straße) voll Wasser steht“. Im 15. Jahrhundert findet der Name des Ortes in heutiger Gestalt erstmalig als Jülicher Unterherrschaft Erwähnung. Die Siedlung unterstand den Herren von Bollheim.
Dagegen wird ein romanisches Kirchlein bereits nach 1124 urkundlich über-liefert. Dieses wurde durch die heutige, neogotische Pfarrkirche St. Pankratius (Konsekration 1902) ersetzt. Wohl damals wie heute bildete die Kirche den Kernbereich der Siedlung. Links neben dem Eingang steht eine von drei 1963 ausgetauschten alten Glocken des Geläuts, die Pankratiusglocke. Sie erinnert an die Spendenfreudigkeit und Frömmigkeit der Eingessenen. Der Friedhof birgt einige stattliche alte Grabdenkmäler, in die Einfriedungsmauer ist seit dem vorletzten Jahrhundert der steinerne Türsturz des ersten Pfarrhauses (1717) vermauert. Die Straßenflucht säumen alte Wohnhäuser und teils stattliche Hofanlagen, die gelegentlich noch ihre alte bauliche Gestalt erhalten haben.
Unter ihnen ragt der sogenannte Drimbornshof in der Durchfahrtstraße, der Oberelvenicher Straße, heraus. Bereits 1423 urkundlich ersterwähnt, ist er nun nach dem seinerzeitigen Gutsbesitzer aus dem frühen 19. Jahrhundert benannt. Die heutigen Bewohner gehören einer dort eingerichteten, therapeutisch betreuten Wohngemeinschaft an. Diese wird betrieben vom Verein „Der Weg e. V.“. Der Hof wurde bis 1997 für diese Zwecke baulich umgestaltet. In der dörflichen Abgeschiedenheit dieser psychiatrischen Nachsorgeeinrichtung leben seit 1981 viele ansässige Patienten auf. Die hauseigene Schreinerei hat mit handwerklich und künstlerisch anspruchsvollen Holzarbeiten von sich reden gemacht.
An der Oberelvenicher Straße liegt nahe der Kirche der Hof Schweitzer, auch er ursprünglich ein typischer rheinischer Vierseithof. Obschon heute kein Unter-richt mehr stattfindet, rühmt sich Rövenich als weithin einziges Dorf, noch alle ehemaligen Schulhäuser der letzten zweihundert Jahre aufweisen zu können. An der Straße Auf ‘m Hagedorn steht noch das schlichte Gebäude, das ab 1861 als Schulhaus errichtet wurde. Demselben Zweck hatte bereits ab 1847 ein Vorgängerbau gedient. Ein weiteres wurde 1928 dafür errichtet. Die jüngste und letzte Schule aus dem Jahre 1964 liegt an der Tiefenthaler Straße.
Verschiedene alte Wegekreuze in der Ortslage sind Ausweis der Volksfrömmig-keit. Abseits des Ortes liegt nahe der Bundesstraße B 265 eine vormalige kleine Siechenhaus-Siedlung mit Gasthaus. Hier waren seit dem 15. Jh. die ansteckend Kranken der Region an einer stark frequentierten Kreuzung der Römerstraße von Köln nach Trier mit der Aachen-Frankfurter Heerstraße untergebracht. Dieser Zeit entstammt auch ein Vorgängerbau der bis heute bestehenden Johanniskapelle des 17. Jahrhunderts.
Schwerfen
Das Dorf Schwerfen ist ein mehrzeiliges Straßendorf im Südosten des Stadtgebietes. Der nach der Kernstadt größte Teilort liegt buchstäblich am Rande der Eifel, nämlich am westlichen Hang des Rotbaches, der den Ort durchfließt. Den gegenüberliegenden, östlichen Ortsrand markiert die von Sinzenich nach Kommern führende B 477. Von ihr zweigt am Kreisverkehr die L 11 ab, die durch den Ort führt. Der ältere Teil des Dorfes liegt leicht erhöht rund um die Pfarrkirche St. Dionysius. Lage und Patrozinium sprechen hier für eine fränkische Gründung der Siedlung. Die heute Kirche ist aber jüngeren Datums. Sie wurde als neogotischer Neubau im ausgehenden 19. Jahrhundert über den Fundamenten einer schlichten mittelalterlichen Saalkirche des 14. Jahrhunderts errichtet. Unterhalb der Kirche entwickelte sich in der Folgezeit das Dorf. In ihm dominiert als Gebäude die kleine, wohlerhaltene Gülichsburg. Sie bildete eine einteilige, ursprünglich wasserumwehrte Anlage. Von der ursprünglichen Burg ist heute nur noch ein zweigeschossiger Bruchsteinbau mit steilem Satteldach erhalten. Die Gülichsburg wurde nahe der Gabelung von zwei innerörtlichen Rotbachabzweigungen angelegt. Diese dienten augenscheinlich sowohl der Grabenfüllung als auch zum Antrieb für Mühlen. Zwischen der Kirche und dieser Burg hat der Ort seinen Kern. Er ist bis heute geprägt durch zahlreiche kleine Fachwerkhäuser und -höfe.
Der Durchfluss von Rotbach und Mühlengraben wurde seit je her durch ein Wehr reguliert. Diese ortsbildbestimmende Stauanlage ist vor einigen Jahren saniert worden. Sie weist seither eine Besonderheit auf: Um die Durchgängig-keit für Fische und Kleinstlebewesen zu ermöglichen, wurde zugleich ein 30 Meter langer Fischpass als Umgehung gebaut. Der Bach bestimmt auch eine einmalige Dorftradition: Durch eine „Taufzeremonie“ im Rotbach können sich Neubürger hier während der Kirmesfeier in waschechte Schwerfener verwandeln.
Weitere touristisch interessante Lokalitäten finden sich außerhalb der verdichteten Bebauung: So etwa der uralte Eichenbaum, am südöstlichen Ortsrand frei im Feld stehend. Er stellt gewissermaßen ein Wahrzeichen des Dorfes dar. Oder die große Schützenhalle am östlichen Ortsrand – sie ist als Stätte großer Musikveranstaltungen auch überörtlich bekannt. Eine seltene Alleinlage unter den Burgen der Region hat sich die Burg Irnich mit dem gleichlautenden Weiler am südwestlichen Ortsrand, nahe der früheren Römerstraße, bewahrt. Ein spätgotischer Torbau und ein Herrenhaus erinnern an die wehrhafte Tradition der heute landwirtschaftlich genutzten Anlage. Nahebei verläuft die Römerstraße Köln-Trier („Agrippastraße“), so dass der Weiler vermutlich auf antike Siedlungsursprünge zurückverweist. Wandert man auf dieser Römerstraße eifelwärts bergan, erreicht man auf dem sogenannten Irnicher Berg den St.-Matthias-Platz mit der gleichnamigen Basalt-Säule. Hier wurde auf einer alten Pilgertrasse, die auf die Antike zurückverweist, in Nachbarschaft zu einem dort liegenden Wasserhochbehälter eine Raststation für Pilger und Wanderer mit hervorragendem Blick auf Zülpicher Börde errichtet.
Sinzenich
Das mehrzeilige Straßendorf Sinzenich erstreckt sich westlich des Rotbaches in der Ebene unterhalb der der Kernstadt. Der Ort wird der Länge nach von dem im Mittelalter angelegten Mühlenbach durchflossen, einem bei Schwerfen eingerichteten Abzweig des Rotbaches.
Auf ältere, keltisch-römische Vorläufer des Ortes verweisen nicht nur die Namensendung, sondern vor allem auch massive Fragmente römischen Mauer-werks in der Pfarrkirche St. Kunibert. Keimzelle der örtlichen Weiterentwicklung bis zur Moderne dürfte ein Fronhof mit Kapelle des Kölner Kunibertsstiftes gewesen sein. Ort und Kirche wurden erst im 13. Jahrhundert urkundlich erster-wähnt. Im selben Jahrhundert wird ein örtliches Adelsgeschlecht genannt, das auf der ursprünglich zweiteiligen Burg Sinzenich seinen Stammsitz hatte. Die Burg lag als Solitär nördlich der Ortslage in den sumpfigen Rotbachauen, die auch seine Gräben speisten. Von der ursprünglichen Anlage sind heute nur noch diese teilweise erhaltenen Wassergräben, der große, bis heute bewohnte Vorburgbereich sowie Fragmente des Herrenhauses erhalten.
Die 1853 eingerichtete Durchfahrtstraße des Ortes folgt, von Süden kommend, kurzseitig dem Verlauf des Mühlenbaches, beschreibt dann jedoch eine S-Kurve. Anschließend verläuft sie geradlinig an einem Anger vorbei, bis sie in einem Linksbogen die Ortslage Richtung Floren verlässt.
Zur Verarbeitung der hohen Getreideerträge ansässiger Bauern wurde innerorts eine Mühle errichtet. Diese präsentiert sich heute im letzten Ausbauzustand des 19. Jahrhunderts. Die günstige Lage am Wasser führte schließlich 1863 auch zur Einrichtung einer – ursprünglich mit Stroh produzierenden – Papierfabrik an der Bachseite des südlichen Ortseingangs. Ihre erweiterten Produktionsstätten bestimmen bis heute eifelwärts die Silhouette des Dorfes. Sinzenich ist unter den gegenwärtigen Ortsteilen damit der einzige mit einer ansässigen Industrie. Am Nordende korrespondieren Silotürme der Warengenossenschaft mit dem Kamin der Papierfabrik.
In der Klosterstraße am südlichen Ortsende entstand 1910 das gestiftete, reprä-sentative St. Anna-Haus als Blindenheim. In der Kernlage, entlang der Kommerner und Merzenicher Straße, aber auch auf der parallel zum Mühlengraben verlaufenden Gasse Auf ‘m Sand, finden sich mehrere ländliche Hofanlagen. Sie bestehen aus teils stattlichen, alten Fachwerkgebäuden. Die Pfarrkirche St. Kunibert, eine dreischiffige Hallenkirche, verdankt ihre merkwürdige Form dem Umstand, dass sie unter Einbezug von Mauern einer römischen villa rustica entstand. Das Mauerwerk ist in mehreren Metern Höhe teilweise noch in originalem, römischem Steinverbund. Dies gilt als weithin singulär. Zur Kirche gehörte ursprünglich auch ein kleines Klostergebäude, das teilweise noch erhalten ist. Kirchenstifter und Klosterfrauen des Mittelalters wurden in Kopfnischen-gräbern bestattet, die, vor Jahren ergraben, heute auf dem Friedhof zu sehen sind.
An der Gartenstraße befindet sich der einzige noch erhaltene Friedhof einer jüdischen Gemeinde, die in Sinzenich relativ groß war und über ein eigenes, erhaltenes Bethaus am Mühlengraben verfügte. Auf dem nahen Eulenberg östlich des Ortes wurde 1870 eine bis heute gern besuchte Waldkapelle eingerichtet.
Ülpenich
Das Dorf Ülpenich liegt östlich der Kernstadt an der stadtauswärts führenden B 56, die als Durchfahrtstraße dient. In der Ortslage heißt sie Rheinstraße und ist geprägt durch zahlreiche Fachwerkwinkelhöfe.
Ursprünglich jedoch erstreckte sich Ülpenich als Straßendorf in Nord-Süd-Richtung. Zunächst hatte sich der Ort entlang der von der Rheinstraße abzweigenden, heutigen Moselstraße entwickelt. Diese war ursprünglich wesentlich bedeutsamer als die heutige Ortsdurchfahrt. Römische Siedlungsspuren sind dort bezeugt. Urkundliche Belege verweisen auf den Ausgangspunkt der nachrömischen Besiedlung rund um eine heute untergegangene Kunibertskapelle. Darüber hinaus muss ein örtliches Adeligengeschlecht einen – heute untergegangenen – Sitz im Dorf besessen haben. Nahebei, auf Enzen zu, liegt der sogenannte Schievelsberg, der im Mittelalter eine mittelalterliche Gerichtsstätte für die umliegenden Ortschaften bildete. Hier wurden auch Strafen bis zur Hinrichtung exekutiert.
Zu den gut erhaltenen und jüngst aufwendig restaurierten Hofanlagen des Kernortes zählt der Mitte des 18. Jahrhunderts entstandene „Maushof“. Als charakteristischer Halfenhof zeigte er einen über den bäuerlichen Ansprüchen liegenden architektonischen Standard. Es handelt sich dabei um eine Vierflügelanlage, deren straßenseitig liegendes Wohnhaus zweigeschossig mit Schweifgiebel und Mansarddach ausgeführt wurde. Insgesamt zeugt der Hof von gehobener Lebensweise seiner Erbauer und Bewohner, der örtlichen Familie Mau(h)s, die auch als Pächter benachbarter Hofgüter auftrat und offenbar ein beträchtliches Vermögen erwirtschaftet hatte. 1891/92 initiierten zwei Gebrüder aus dieser Familie die Errichtung einer neuen, dreischiffigen Backsteinbasilika mit oktogonalem Glockenturm in neoromanischem Stil. Sie ersetzte Vorgängerbauten aus älterer Zeit. Die Brüder stifteten dafür eigens ein Grundstück in der Ortsmitte. Bezeichnend ist demgegenüber der bald darauf gewählte Standort für einen damaligen Schulneubau: Er war als heutige „Alte Schule“ schon zur Rheinstraße hin orientiert: Die Landstraße Euskirchen-Düren war Mitte des 19. Jahrhunderts neu ausgebaut worden und wurde damit zur neuen, ortsbestimmenden Straßenachse.
Unterhalb des Dorfes, das sich erst seit wenigen Jahren hangabwärts entwickelt, liegt seit dem Mittelalter Haus Dürffenthal in den Rotbachauen. Die im frühen 14. Jahrhundert ersterwähnte Wasserburg wurde im 15. Jahrhundert weitgehend zur heutigen Gestalt ausgebaut. Es handelt sich um einen dreigeschossigen Bruchsteinbau mit Vorburg. Eine Besichtigung und seit kurzem auch Verpflegung sind hier auf vorherige Absprache möglich. Das östliche Ortsende markieren seit Jahren angelegte Felder und Beete eines Pflanzencenters. Gegenüber liegt hinter dem Sportplatz eine große Dependance der gemeinnützigen Norddeifelwerkstätten. Diese hat seit ihrer Niederlassung im Jahr 1982 auch zahlreiche Arbeitsplätze am Ort geschaffen.
Virnich
Der Weiler Virnich gehört zu Schwerfen.
Weiler in der Ebene
Das einzeilige Straßendorf Weiler in der Ebene liegt inmitten der fruchtbaren Bördenlandschaft an der Nordgrenze des Stadtgebietes. Obschon einige hundert Meter westlich der Römerstraße Köln-Trier gelegen, verrät der Ortsname doch seine mittelalterliche Gründung. „Weiler“ bezeichnete eine aus wenigen Gebäuden bestehende Siedlung, größer als ein Gehöft, jedoch kleiner als ein Dorf. Der Begriff stellt seinerseits eine Ableitung aus dem lateinischen „villa“ dar, so dass ein römischer Vorgänger nicht unwahrscheinlich ist. Die Namensergänzung diente wohl zur Unterscheidung von ähnlich lautenden Dörfern wie Eschweiler über Feld bei Nörvenich oder Weiler am Berge bei Mechernich.
Die im Mittelalter gegenüber der Antike veränderte Straßenführung von Leche-nich nach Zülpich über Erp, die heutige B 265, führte zur verkehrsseitigen An-bindung der kleinen Siedlung. Die Ursprungsform des Straßendorfes mit einem sich in zwei Kurven durch die Ortslage windenden Fahrweg ist dabei bis heute unverändert. In den 1850er-Jahren wurde diese Straßenverbindung von Köln nach Zülpich als „Trierer Straße“ baulich erneuert. Aus dieser Zeit stammt der preußische Meilenstein, der unterhalb des südlichen Ortsausgangs steht. Die kurvige Durchfahrtstraße ist bis heute stark frequentiert. Daher wird gegenwärtig eine Umgehungsstraße geplant.
Ausgangspunkt der Siedlung Weiler waren wohl Vorgänger der heutigen Höfe Böhling und Krewel am Nordrand des Ortes. Sie bilden seither den historischen und baulichen Kern des Dorfes. Auf Höhe dieser Höfe treffen sich rechtwinklig die bestimmenden Straßenfluchten: Von Norden diejenige von Lechenich und von Südosten die Straße von Zülpich bzw. Scheuren. Die beiden genannten großen Anwesen sind bis heute ortsbildbeherrschend. Die kleinteilige Bebauung rechts und links der Trierer Straße war ihnen wohl ursprünglich funktional zugeordnet. Größere Neubaumaßnahmen fanden erst in der Nachkriegszeit sowie der jüngsten Vergangenheit statt. Sie beschränken sich auf Randlagen des Dörfchens.
Die genannten Höfe erwuchsen wohl aus einer fränkischen Hofgutanlage, die sich später zu einem großen, mehrteiligen und grabengeschützten Sitz eines lo-kalen Adelsgeschlechtes entwickelte. Dieses Rittergut wurde in der jüngeren Vergangenheit mehrfach geteilt. Die Überreste gingen großteils in den beiden genannten Hofanlagen auf. Eine wohl als Pferdestall dienende Säulenhalle auf dem Weiler Hof, heute Böhling, stammt wohl noch aus dieser älteren Zeit. Zu dem ursprünglichen Rittersitz gehörte auch eine nahe des heutigen Kirchenstandortes stehende Kapelle. Diese bildete den historischen Vorläufer der 1891 errichteten, neogotischen Kirche St. Ulrich, einer dreijochigen Backstein-Saalkirche. Unterhalb der Ortslage liegt auf Disternich zu ein seit dem Mittelalter überliefertes Waldstück, das sogenannte Marienholz. Dort fand 1267 eine berühmte Schlacht statt, bei welcher der Kölner Erzbischof in die Gefangenschaft des Grafen von Jülich geriet. Dieser hielt Erzbischof Engelbert anschließend dreieinhalb Jahre auf seiner Feste Nideggen gefangen.
Wichterich
Die Dörfer um Zülpich zwischen Rot-, Blei- und Neffelbach liegen in einem uralten Siedlungsgebiet. Zahlreiche archäologische Funde belegen das: Kunstvoll behauene Steinbeile sowie Bruchstücke einer ligurischen Getreidemühle fanden sich z.B. auf dem sog. Hickelberg, einer Anhöhe zwischen Wichterich und Oberwichterich. Aus römischer Zeit stammen drei Steinsarkophage, die bei der Feldarbeit 1887 auf dem nahen Ginsterberg mit Resten von Gebeinen, einem Schwert, Messer und Schmuckstücken gefunden wurden. Ein vermutete römische Befestigung mit dem gallo-römischen Namen Victoriacum (Wichterich), das strategisch bedeutend an der Kreuzung zwischen der späteren Aachen - Frankfurter Heerstraße und der Bleistraße lag, begünstigte die weitere Besiedlung.
Nach Abzug der Römer übernahmen nach Jahren kriegerischer Auseinandersetzungen die Franken die Macht. Schon 866 wird die Pfarrkirche St. Johann Baptist als Schenkung an das Kloster Prüm erwähnt. Sie gehörte demnach zu den ältesten Kirchen im Zülpicher Land, die aber vermutlich in den Normannenstürmen des 9. Jahrhunderts restlos zerstört wurde. Über diesem frühen Bau wurde wohl zu Beginn des 12. Jahrhunderts eine Basilika in romanischem Stil errichtet. Kriegswirren, Brand- und Sturmschäden erforderten über die Jahrhunderte hinweg des Öfteren Reparatur- und Sanierungsarbeiten. Im Obergeschoss des Kirchturms befindet sich eine romanische Kapelle, die hochgestellten Persönlichkeiten einen bevorzugten Platz zur Teilnahme am Gottesdienst bot, möglicherweise aber auch ein Rückzugsraum in den vielen Kriegswirren war. Die Anlage um die Kirche ist heute parkähnlich gestaltet und lädt zum Verweilen ein.
Im Kreuzungsbereich von Frankfurter und Mülheimer Straße liegt seit alters her ein großer Steinblock, im Volksmund „Richtstein“ genannt, an dem noch bis ins 18. Jahrhundert nach altem Brauch „Recht“ gesprochen wurde.
Zülpich
Die inmitten der nach ihre benannten Börde gelegene Kleinstadt Zülpich kann auf eine 2000-jährige, lange und ereignisreiche Geschichte zurückblicken: Als römisches „Tolbiacum“ war sie ein wichtiger Kreuzungspunkt römischer Fernstraßen. Deren schnurgerade Straßenführung in Nord-Süd und Ost-West-Richtung ist teilweise heute noch im Stadtbild ablesbar, etwa bei der Köln-, der Münster- und der Schumacherstraße. Diese Straßen haben an der Wende zum Mittelalter wohl auch Truppen des Frankenkönigs Chlodwig genutzt. Nach seinem Sieg in der sagenumwobenen „Schlacht bei Zülpich“ bekehrte er sich als erster Barbarenkönig zum katholischen Christentum. Im Mittelalter wurde die zwischen den konkurrierenden Landesherrn aus Köln und Jülich umkämpfte Stadt mit Mauerring, Toren und Burg befestigt.
Die Kölner Erzbischöfe blieben Sieger im Streit um die Stadt. Das Umland aber verblieb zumeist bei den Grafen von Jülich. Innerhalb der alten Mauern hat sich die ehedem kurkölnische Stadt bis heute das Flair einer beschaulichen, geschichtsträchtigen Landstadt bewahren können. Zahlreiche Bau- und Bodendenkmäler aus Antike und Mittelalter sind trotz schwerer Schäden durch Luftangriffe in der Endphase des 2. Weltkriegs erhalten geblieben. Insbesondere auf dem Mühlenberg liegen in Nachbarschaft zueinander das Haus Römerthermen Zülpich - Museum der Badekultur und die Landesburg mit ihrer Geschichtswerkstatt, der Hubert-Salentin-Gemälde-Ausstellung und der Skulpturen-Sammlung Franz Kött. Ein Turm der Landesburg wurde zur Aussichtsplattform ausgebaut. Zwischen Burg und Museum steht die nach dem letzten Krieg neuerstandene Pfarrkirche St. Peter mitsamt der frühromanischen Krypta ihres Vorgängerbaus. Ebenso wie die nahebei gelegene, mittelalterliche Gasthauskapelle wurde das Gotteshaus aufwendig restauriert.
Auch die beiden stadtnah gelegenen Seen, Überbleibseln des Braunkohlenbergbaus, haben mit ihren Freizeitangeboten dazu beigetragen, dass Zülpich sich zu einer touristischen Destination entwickelt. Geschäfte, Cafés und Gaststätten sorgen für Aufenthaltsqualität, die sich durch Maßnahmen der Landesgartenschau Zülpich weiter vergrößert. Die dabei geschaffenen, weitläufigen Parkanlagen im Wallgraben zwischen Burg und Bachtor etwa haben die Kernstadt entschieden aufgewertet. Aber auch ein stadtgeschichtlicher Rundweg und die entlang der Bonner Straße zum neuen „Seepark“ führende, künstlerisch gestaltete „Römerachse“ laden zum Besuch ein.